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Die "gelbe Karte" ABMAHNUNG

1.    Was ist eine Abmahnung/Wann wird abgemahnt?

 

Einfach erklärt, ist die Abmahnung so etwas wie die „Gelbe Karte“ im Fußball.

 

Wenn Sie gegen eine Vertragspflicht verstoßen, die so schwer ist, dass Sie nicht mit einem „Foul ohne Gelbe Karte“ (=Ermahnung) davon kommen, aber so einfach ist, dass Sie nicht direkt die „Rote Karte“ (= Kündigung) erhalten, zeigt der Arbeitgeber durch die Abmahnung, dass ihm ein Verhalten überhaupt nicht gefallen hat. Es ist ein Warnsignal für den Arbeitnehmer.

 

 

„Pfeift“ der Arbeitgeber ab und mahnt sie aber nicht ab, so handelt es sich um eine Ermahnung, die keine weiteren Folgen für Sie enthält. Checken Sie aber hier im eigenen Interesse Ihr Verhalten, die zur Ermahnung geführt hat. Denn irgendwann platzt dem „der Kragen“ und er gibt Ihnen die „gelbe Karte“(=Abmahnung).

 

 

 

Das heißt also, dass die Abmahnung eine Vorstufe der Kündigung wegen einer Pflichtverletzung darstellt und nicht auf die „leichte Schulter“ genommen werden sollte. Es kann aber auch sein, dass eine Kündigung direkt ausgesprochen wird ohne eine vorherige Abmahnung (= direkte rote Karte); siehe hierzu Frage 6.

 

 

 

2.    Wer darf abmahnen?

 

Jeder, der gegen Sie was zu sagen hat (Fachvorgesetzter, Dienstvorgesetzter, beauftragter Rechtsanwalt), kann gegen Sie die Abmahnung aussprechen.

 

Also: Es ist nicht erforderlich, dass die Abmahnung von „Ganz oben“ kommt.

 

 

 

 3.    Wie kann man abmahnen?

 

Achtung: Die Abmahnung muss nicht unbedingt schriftlich erfolgen. Der Abmahnungsberechtigte (Siehe Frage 2) darf auch mündlich abmahnen.

 

Er sollte aber wegen Nachweisbarkeit der Abmahnung ein Aktenvermerk über die mündliche Abmahnung verfassen. Dieser sollte enthalten Ort, Zeit, Anwesende Personen (Zeugen) sowie Inhalt der Abmahnung (siehe Frage 4).

 

Also: Wenn Sie vor ein Gespräch mit eine Vorgesetzten stehen, der in Anwesenheit von Dritten erfolgte, sollten bei Ihnen die Alarmglocken aufgehen. Es könnte sich um eine Abmahnung handeln. Es muss nicht als Abmahnung gekennzeichnet werden.

 

Praxis: Wegen Beweisbarkeit wird die Abmahnung jedoch schriftlich erteilt.

 

 

 

4.    Was muss die Abmahnung enthalten/Inhaltlichen Voraussetzungen?

 

Die Pflichtverletzung muss genau angegeben werden, dh. Was habe ich als Arbeitnehmer falsch gemacht samt Zeit und Ort. (HINWEISFUNKTION)

 

Weiterhin muss die Abmahnung die Aufforderung erhalten, dieses Verhalten einzustellen, dh. nicht mehr zu wiederholen. Sie muss ein Alternativverhalten aufweisen.

 

Letztlich muss auch ausdrücklich mit einer Kündigung im Wiederholungsfall angedroht werden. (WARNFUNKTION)

 

Wichtig: Fehlt einer dieser Voraussetzungen, kann es sich im Zweifel um keine Abmahnung handeln.

 

 

 

5.    Wie lange wirkt die Abmahnung?

 

Die Abmahnung verliert ihre Wirkung nach Ablauf einer gewissen Zeit, obwohl sie vielleicht noch in der Personalakte steht.

 

Wann diese Zeit gekommen ist, bestimmt sich je nach Einzelfall.

 

Folgende unverbindliche Zeiträume sind anerkannt:

 

Bei einfachen Pflichtverstößenànach 6 Monaten

 

Bei schweren Pflichtverstößenà1-2 Jahren

 

Um auf der sicheren Seite zu sein, sollte man aber nicht darauf vertrauen, dass die Abmahnung wirkungslos geworden ist, und sollte sich dagegen verteidigen (Siehe Frage 7).

 

 

 

6.    Wann ist eine Abmahnung entbehrlich?

 

Der Arbeitgeber kann auch direkt die „Rote Karte“ (=Kündigung) erteilen, wenn der Pflichtverstoß so schwer ist, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber für die Zukunft stark zerrüttet ist.

 

In solche Fälle wird vor dem Arbeitsgericht immer die Frage zu klären sein, ob nicht zuvor eine Abmahnung erteilt werden sollte. man streitet also über die Schwere der Pflichtverletzung und das Vorgehen hiergegen. Die Chancen für den Arbeitnehmer sehen hier, im Hinblick auf die Abfindung, sehr gut aus.

 

 

 

Im Folgenden einige Bereiche, bei deren Verletzung eine Abmahnung nicht erforderlich ist und direkt gekündigt werden darf:

 

-       Grundsätzlich: Der unmittelbare Vertrauensbereich ist zerrüttet (beispielsweise: Diebstahl, Tätlichkeit gegen Arbeitgeber, Betrug, Bestechung, grobe Beleidigung, Androhung einer künftigen Erkrankung).

 

Ausnahmsweise kann auch hier nochmals eine Abmahnung erforderlich sein, wenn bspw. der Arbeitnehmer nicht erkannt hat, dass sein Verhalten so schwer ist, dass er direkt gekündigt wird.

 

Praxis: Streitpunkt ist öfters: Pflichtverletzung so schwer? (Beweislast bei Arbeitgeber) bzw. konnte der Arbeitnehmer die Schwere erkennen/erwarten (Beweislast Arbeitnehmer).

 

-       Wenn der Arbeitnehmer erkennbar nicht einsichtig ist

 

-       Ständige Pflichtverweigerung durch Arbeitnehmer

 

-       Eigenmächtiges Verhalten des Arbeitnehmers trotz ausdrücklichem Hinweis mit Konsequenzen

 

Natürlich hängt es vom Einzelfall ab, ob eine Abmahnung erforderlich war oder nicht. Hiermit kann gut gearbeitet werden, wenn eine Kündigung ohne Abmahnung erfolgte. Denn der Arbeitgeber muss nachweisen, wieso er eine Abmahnung nicht für erforderlich gehalten hat.

 

 

 

7.    Verteidigungsmöglichkeiten gegen eine Abmahnung

 

Es bestehen mehrere Möglichkeiten, hiergegen vorzugehen.

 

Wichtig ist, dass man nicht sofort „aus der Hüfte“ eine Stellungnahme bezieht, auch wenn es der Arbeitgeber (meistens in kurzer Frist) von Ihnen fordert. Sie müssen gar nichts sagen. Achten Sie darauf, dass das von Ihnen unüberlegt Gesagte am Ende gegen Sie verwertet werden kann.

 

 

 

Eine Möglichkeit ist die schriftliche Gegendarstellung, die zur Personalakte genommen wird/ werden muss! (§ 83 II BetrVG). Diesen können Sie gerne mit meiner Unterstützung verfassen. Achten muss man hier so auf einiges. Wichtig ist es, die Vorwürfe, die Ihrer Meinung nach nicht stimmen, direkt hier „anzugreifen/ zu bemängeln“.

 

 

 

Eine weitere Möglichkeit ist, eine Beschwerde beim Betriebsrat einzureichen (sofern einer besteht) und dort die eigene Sicht zu schildern. Wenn der Betriebsrat überzeugt ist von Ihrer Variante, wird er beim Arbeitgeber um Abhilfe hinwirken.

 

 

 

Schließlich kann man auch gerichtlich die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte einklagen. Dieser Schritt sollte wohl überlegt sein, da ein Gerichtsverfahren mit dem Arbeitgeber natürlich auch das Verhältnis nicht unbetroffen lässt. Meines Erachtens sollte dieser Weg „Ultima Ratio“ gegangen werden, denn er bringt nicht nur Vorteile mit sich.

 

 

 

Wie Sie sehen können, ist die Abmahnung manchmal einfach mal so erklärt. Aber Ihre Wirkung zeigt sich erst später, wenn eine Kündigung erteilt wird, die hierauf beruht. Zwar können Sie sich auch erst dann gegen die Vorwürfe aus der Abmahnung wehren. Aber beachten Sie, dass Zeitablauf auch Vergessenheit mit sich bringt. Daher sollten Sie „in alles Frische“ sich gegen die Abmahnung irgendwie wehren.

 

 

 

Dr. Ramazan Efe

 

Rechtsanwalt

 

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