„Playstation 1“ gefährdet nicht die Sicherheit einer Vollzugsanstalt…“Zocken“ im Knast ist erlaubt

Wieder ein Dauerbrenner: Einschränkung von Häftlingswünschen durch die Vollzugsanstalt.

 

Das OLG Hamm (Beschluss v. 22.05.2018 - 1 Vollz (Ws) 137/18) hat festgestellt, dass ein „Playstation 1“ keine Gefahr für die Anstalt darstellt.

 

 Fall (vereinfacht und leicht verändert):

 

Der Betroffene sitzt in der JVA seine Strafe ab. Ihm wurde die Nutzung seines „Playstation 1“ in seiner Zelle nicht gestattet.

 

Der „PlayStation 1 gefährde abstrakt-generell die Sicherheit und Ordnung der Vollzugsanstalt, da es damit grundsätzlich möglich sei, sicherheitsrelevante Informationen zu speichern und weiterzugeben.“…so die Tatsacheninstanz.

 

Zu Unrecht…so das OLG Hamm.

 

 Begründung (verkürzt):

 

Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen, da

 

die Strafvollstreckungskammer den Begriff der einem Gegenstand (mit der daraus folgenden Berechtigung der JVA zur Verweigerung einer entsprechenden Besitzgenehmigung) allgemein innewohnenden Gefährlichkeit nicht zutreffend erfasst bzw. in nicht mehr vertretbarer Weise extensiv ausgelegt hat.

 

„Der Senat hat in Übereinstimmung mit anderweitiger obergerichtlicher Rechtsprechung bereits mehrfach ausgeführt, dass die einem Gegenstand allgemein innewohnende Gefährlichkeit die Versagung einer Genehmigung zum Besitz aus Gründen der Anstaltssicherheit zu rechtfertigen vermag, so etwa aufgrund einer etwaigen Internetfähigkeit von Geräten oder aber der (ohne weitere technischen Hilfsmittel gegebenen) Möglichkeit der Speicherung von Texten. Dabei bezog sich die Rechtsprechung des Senats jeweils auf Fallkonstellationen, in denen sich eine allgemeine abstrakte Gefährlichkeit aus den technischen Möglichkeiten des jeweiligen Gerätes selbst oder allenfalls unter Hinzuziehung vorhandener oder für den Betroffenen unschwer zu beschaffender weiterer technischer Hilfsmittel ergab, mithin ohne das Hinzutreten besonders aufwändiger oder nur mit entsprechendem Spezialwissen zu bewerkstelligender technischer Veränderungen.“

 

 „Soweit die Strafvollstreckungskammer insoweit ausführt, die Behauptung des Betroffenen, es gebe derzeit kein Programm zur Speicherung von Texten auf den Memory Cards der PlayStation 1, sei unerheblich, da entsprechende Programme geschrieben werden könnten und es lediglich auf das allgemeine Gefährdungspotenzial ankomme, entspricht dies zumindest ohne nähere Erläuterungen nicht mehr dem Begriff der abstrakten Gefährlichkeit, welche für sich genommen die Annahme einer Gefährdung der Sicherheit der Anstalt zu rechtfertigen geeignet ist. Vielmehr würde eine entsprechende Auslegung dazu führen, letztlich jedem beliebigen Gegenstand durch Hinzudenken zusätzlicher Bedingungen bzw. auch eher entfernt liegender technischer Veränderungen eine abstrakte Gefährlichkeit beizumessen.

Zur Begründung einer tatsächlich abstrakten Gefährlichkeit wären insoweit weitere Erläuterungen dazu erforderlich, dass die Möglichkeit des Schreibens und Einbringens zusätzlicher Programme, welche die Speicherung von Informationen auf den Memory Cards der PlayStation 1 auch in Bezug auf die Person des Betroffenen als zumindest nicht fernliegend anzusehen ist. Hierzu fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Da sich die PlayStation 1 selbst als nicht programmierbar darstellt, wäre ein externes Schreiben eines entsprechenden Programmes und ein entsprechendes Einbringen in die Vollzugsanstalt erforderlich. Aus welchem Grund sich tatsächlich jemand die Mühe machen sollte, einen möglicherweise höheren programmiertechnischen Aufwand zu betreiben, um im Ergebnis gegebenenfalls eine unstreitig ohnehin in jedem Fall beschwerliche Eingabe von Texten in Form von Einzelbuchstaben in eine bereits seit langer Zeit nicht mehr hergestellten Spielekonsole zu ermöglichen, ist nicht ohne weiteresnachvollziehbar.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass anlässlich eines nachfolgend auch beim Senat anhängigen Verfahren (111-1 Vollz 301/15 OLG Hamm) seitens des Landgerichts Bielefeld (101 StVK 2179/14) ein Sachverständigengutachten zur Möglichkeit von Textspeicherungen auf den Memory Cards der PlayStation 1 eingeholt worden ist, welches dementsprechend als senatsbekannt anzusehen ist. Im Rahmen dieser Begutachtung kam der bestellte Sachverständige Andreas Herden in seinem schriftlichen Gutachten vom 20. April 2015 zu dem Ergebnis, dass es zumindest in dem ihm vorgelegten Exemplar der PlayStation 1 überhaupt nicht möglich war, manipulierte Texte auf die original zugehörigen Memory Cards zu speichern. Eine entsprechende Möglichkeit ergab sich erst bei entsprechenden Memorycards, welche von Drittherstellern angeboten wurden. Eine Ablichtung des Gutachtens wird seitens des Senats im Hinblick auf die weitere Bearbeitung der Angelegenheit den Akten beigefügt. Ob den auch obergerichtlich vertretenen Auffassungen, dass von einer PlayStation 1 generell keine die Versagung der Herausgabe begründende Gefahr ausgeht (vgl. dazu OLG Dresden, Beschluss vom 16. September 1999 — 2 Ws 637/98, juris), zu folgen ist, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung, auch wenn diese Bewertung nach Maßgabe der senatsbekannten Umstände zumindest im Fall der ausschließlichen Verwendung von Originalzubehör sehr naheliegend erscheint.

Danach spricht vorläufig alles dafür, dass eine Gefährlichkeit von der vom Betroffenen begehrten Spielekonsole zumindest bei entsprechender Verplombung gerade nicht ausgeht. Eine solche Verplombung wäre zudem nach Auffassung des Senats auch geeignet, die aufgezeigten Bedenken hinsichtlich der Möglichkeit der Nutzung als Drogenversteck auszuräumen (vgl. OLG Dresden. a.a.O.). Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass eine entsprechende Problematik nahezu jedem Gegenstand innewohnt, welcher körperliche Hohlräume bildet.
Abschließend weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auch die „pädagogischen" Bedenken der Vollzugsanstalt im Hinblick auf die Überlassung der Spielekonsole deren Aushändigung aus Gründen der Gefährdung des Vollzugsziels unter dem Gesichtspunkt einer „einseitigen Fixierung auf das Erreichen bestimmter Levels" nach Bewertung des Senats nicht zu rechtfertigen vermag (vgl. dazu auch OLG Dresden,a.a.O.).

 

 Eigene Stellungnahme:

 

Rechtsgrundlage der JV-Anstalten zur Einschränkung von Rechten der Inhaftierten ist im Grunde im StrafvollzugsGesetz (des Bundes und der Länder) geregelt.

 

Die Frage des „Wie“ über die Haft regeln somit auch die Länder.

Insbesondere unter Bezugnahme auf die „abstrakte Gefährdung der Anstalt“ durch ein Gegenstand, werden Rechte der Inhaftierten gelegentlich zu Unrecht eingeschränkt.

 

Natürlich soll die Sicherheit in der JVA gewährleistet werden/bleiben. Dies darf aber nicht dazu führen, dass aufgrund von „Paranoia“ der Anstaltsleitung jeder „klitze kleine Gegenstand“ weggenommen wird/ nicht gestattet wird. Denn auch ein Inhaftierter hat noch Rechte.

 

Das OLG-Hamm hat meines Erachtens richtigerweise festgestellt, dass die Begrifflichkeit des „Gegenstandes“ nicht extensiv ausgelegt werden dürfe.

 

Mit anderen Worten:

Nur dann, wenn ohne weiteres und ohne große Anstrengung ein „harmloser Gegenstand“ eine Gefahr darstellen kann, darf diese weggenommen werden. Ansonsten muss man „auf dem Boden der Tatsachen“ bleiben und genau hinschauen, ob eine Gefahr auch realisierbar ist.

 

Ein alter Playstation 1, der nicht einmal eine Internetverbindung aufweist und keine Programmiermöglichkeit hergibt, fällt aus dem Raster der „Gefanr“

 

Achtung: Das heißt aber nicht, dass ein Playstation 4 5 6 … erlaubt ist. Denn je moderner die Geräte, desto sicherer kann man von einer Gefahr durch diese ausgehen.

 

Wie sagt man so schön:

 „Old but gold!“…zumindest für den Inhaftierten.

 

 

Jeder Fall ist natürlich individuell!

 

Für Juristen und besonder Interessierte:

Ähnliche Entscheidungen, die eine Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt verneinten (für ein nichtprogrammierbares Telespielgerät von „Nintendo“ oder „Sega“ OLG Celle NStZ 1994, 360 [OLG Celle 25.01.1994 - 1 Ws 324/93 (StVollz)] ; für einen „Gameboy“ OLG Koblenz NStZ 1999, 446; für eine „Playstation“ OLG Dresden StV 2001, 41

 

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